04.05.2019

Thonkunst in der Nikolaikirche

Ein Auftritt ohne Bass - geht denn das? Eigentlich nicht, aber irgendwie doch. Was war passiert?

Am Sonnabend, den 04.05.2019, hatte Thonkunst im Rahmen des Protesttages für die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung die große Ehre, am wöchentlich stattfindenden Orgelkonzert in der Nikolaikirche teilzunehmen und gemeinsam mit dem Magdeburger Organisten Jihoon Song ein Programm darzubieten. Dieses Konzert bildete den Abschluss einer Demonstration, bei welcher Menschen mit und ohne Behinderung gemeinsam für die bessere Umsetzung der Rechte von Menschen mit Behinderung protestierten.

Wir trafen uns, wie verabredet, ca. 1 h vor Beginn des Konzertes zur Probe in der Nikolaikirche. Wer jedoch nicht kam, war unser Bass Sebastian. Was war da los? Zehn Minuten später erfuhren wir die Ursache. Er hatte kurz vor der Kirche einen Fahrradunfall erlitten und ziemlich schnell war klar, dass er so nicht singen konnte. Zu unserer Besorgnis über seinen Gesundheitszustand kam die Erkenntnis, dass wir ohne Bass nicht singen konnten.
Nun war guter Rat teuer. Was sollten wir tun? Alles absagen? Nur ein Lied singen? Ein Notprogramm zusammenstellen? Wir entschieden uns für letzteres und hatte noch genau eine halbe Stunde Zeit, um auszuprobieren, welche Stücke vielleicht ohne Bass erklingen können und bei welchen Stücken unser 2. Tenor den Bass singen kann (teilweise vom Blatt!). Wie ein Wunder gelang es uns, ein kleines Notprogramm zusammenzustellen. Und es funktionierte. Das Publikum schien trotz unserer „kleinen“ Einschränkung hellauf begeistert und es gab am Ende des Konzerts großen Applaus.

Im Resümee dieses Tages fiel mir der Spruch von Rainer Maria Rilke ein: Wenn Du denkst es geht nicht mehr, kommt von irgendwo ein kleines Lichtlein her. Und dieses Licht waren für mich an diesem Tag definitiv die Mitglieder von Thonkunst. Jedes Ensemble, egal ob inklusiv oder nicht, wäre in solch einer Situation an seine Grenzen gestoßen. Jedoch nicht die Mitglieder von Thonkunst. Alle waren engagiert, motiviert und stellten in dieser Situation die eigenen Bedürfnisse zurück, um ihr Bestes zum Gelingen der Veranstaltung beizutragen. Es braucht nicht immer viele Worte und vielleicht ist unsere Gesellschaft irgendwann soweit, dass wir einen Protesttag oder gar eine ganze Protestwoche nicht mehr benötigen. Denn genau an diesem Tag konnte man erkennen, was Inklusion wirklich ist. Dass Menschen egal ob mit oder ohne Behinderung in der Lage sind, in Krisensituationen zusammenzustehen, flexibel zu sein und alles dafür zu tun, dass eine gemeinsame Sache gelingen kann. Ich bin sehr froh, mit solch wunderbaren Menschen zusammenarbeiten zu dürfen.

Und wie erging es nun dem Unglücksraben Sebastian?
Dieser hatte an diesem Tag wohl gleich mehrere Schutzengel bei sich und so ging auch diese Geschichte mit ein paar Schürfwunden, einer Beule und einem leichten Schleudertrauma zum Glück relativ glimpflich aus.

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Christine Heuer

Christine Heuer

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