„Schichtwechsel“ heißt die bundesweite Aktion, bei der Werkstattbeschäftigte für einen Tag ihren Arbeitsplatz mit Menschen tauschen, die sonst nicht in einer Werkstatt für Menschen mit Behinderung arbeiten. Darüber freut sich auch der Geschäftsbereichsleiter der Diakonie am Thonberg, Christoph Schnabel: „Wir sind froh und dankbar, dass ein wechselseitiges Kennenlernen und Mitarbeiten möglich sind.“
Annette Hesse vom Jobcenter Leipzig prüft normalerweise Bürgergeldbescheide in der Rechtsbehelfsstelle. Heute treffen wir Annette Hesse in der Abteilung „Kreative Gestaltung“ in der Diakonie am Thonberg und sie lernte das Basteln von Weihnachtssternen aus Papier: „Schichtwechsel bedeutet für mich auch Sichtwechsel, ich bin überrascht über die Vielfalt der Gewerke. Das ist schon beeindruckend, was hier geleistet wird,“ so Annette Hesse.
Melanie Breuer und Christian Wetendorf sitzen am PC in der Mediengestaltung der Diakonie am Thonberg. Christian Wetendorf recherchiert gerade für einen Beitrag für die Schneckenpost, das jährlich vier Mal erscheinende Magazin. Vorher hat Melanie Breuer bereits in der Druckerei mit angepackt und Werbung für einen Essensanbieter gebunden. „Ich bin begeistert von den vielfältigen Eindrücken und Kommunikationsformen, zum Beispiel über ein Textprogramm und eine Brille mit Sensoren,“ so Melanie Breuer. Mit Blick auf ihre Kolleg*innen im Jobcenter fügt sie hinzu: „Ich empfehle, dass jeder mal beim Schichtwechsel mitmacht – es ist wirklich interessant.“
Ingolf Schwarze ist sonst im Team 535, Integration und Vermittlung für Selbständige, im Jobcenter zuständig. Heute zerlegt er alte Festplatten in der Arbeitsgruppe Elektromontage und Recycling in der Diakonie am Thonberg und ist bereits vollständig ins Team integriert. Ein Kollege reicht ihm ein kleines schwarzes Kästchen für die winzig kleinen Schrauben, die er aus dem Festplattengehäuse geschraubt hat. Schichtwechsel bedeutet für Ingolf Schwarze: „die Augen öffnen und Vorurteile abbauen. Der Empfang am Arbeitsplatz war sehr herzlich“, sagt er und dass er sehr überrascht war über den hohen Grad an Verantwortung und Spezialisierung, der hier an vielen Arbeitsplätzen notwendig ist.
Jeannette Bahrmann ist Beauftragte für Chancengleichheit am Arbeitsmarkt in der Agentur für Arbeit Leipzig. Heute schaut sie dem Werkstattmitarbeiter Robert Fehrmann über die Schulter, der mit einem Layoutprogramm eine Broschüre gestaltet. Jeannette Bahrmann ist das erste Mal in der Diakonie am Thonberg. Zur Teilnahme am Schichtwechsel hat sie ein Workshop zur Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention inspiriert. Sie ist auch angetrieben von ihrer persönlichen Neugierde: „Ich will ein bisschen mehr erfahren, wie das organisiert ist. Mich beeindruckt, was die Menschen hier leisten.“
Nach getaner Arbeit gab es am Nachmittag noch ein Info- und Auswertungsgespräch. Die Mitarbeitenden von Agentur für Arbeit Leipzig und Jobcenter Leipzig staunten über die vielfältigen Arbeitsangebote in der Diakonie am Thonberg und das große Spektrum an Außenarbeitsplätzen: Von Fahrzeugpflege bis Ruhestätte für Tiere. Auch über Hindernisse und Schwierigkeiten von Übergängen aus der Werkstatt für Menschen mit Behinderung auf den ersten Arbeitsmarkt wurde gesprochen. Große Anerkennung gab es für die hohe Arbeitsmotivation, Empathie und Expertise des Personals der Diakonie am Thonberg. Die Teilnehmer*innen des Schichtwechsels möchten künftig dienstlich und privat einige Leistungen der Werkstatt in Anspruch nehmen.
Im Gegenzug konnten 16 Werkstattbeschäftigte in der Agentur für Arbeit Leipzig und im Jobcenter Leipzig mitarbeiten. Eingesetzt waren sie in der Poststelle / Interner Dienstbetrieb, im Ärztlichen Dienst, im Servicecenter, im Büro der Geschäftsführung, im Team Markt und Integration für Selbstständige, im Team Markt und Integration Reha/SB, im Team Ausbildung und Qualifizierung für Beschäftigte, im Hausmeisterbereich, im Inventarmanagement, im Bereich Presse und Marketing und im Immobilienservice. Bereits 2020 erhielt ein Werkstattbeschäftigter nach erfolgreichem Praktikum eine Festanstellung in der Agentur für Arbeit Leipzig. Vielleicht wurde auch beim diesjährigen Schichtwechsel das ein oder andere Talent entdeckt.
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